Die Integrative Medizin entwickelt ein Gesamtkonzept mit dem Ziel zusätzlich zu herkömmlichen Methoden das Wohl der Patientinnen und Patienten mit Naturheilverfahren individuell zu fördern. Um diese gewinnbringend und ergänzend einzusetzen, werden Naturheilverfahren stärker wissenschaftlich in den Fokus genommen.
Der Freistaat Bayern unterstützt hierzu unterschiedliche Forschungsprojekte und blickt auch auf eine langjährige Unterstützung des Kompetenzzentrums für Komplementärmedizin und Naturheilkunde (KoKoNat) zurück. Für das Prüfen und Durchdringung von Naturheilverfahren sind neue Forschungsinfrastrukturen und medizinische Konzepte notwendig, die universitäres Forschungs-Know-how mit praktischer Kompetenz im naturheilkundlichen Bereich verknüpfen.
Das KoKoNat hat sich im Jahre 1989 als Studenteninitiative an den Medizinischen Fakultäten in München entwickelt und stellte mit Prof. Dr. med. Dieter Melchart von 2010 bis 2015 an der Technischen Universität München (TUM) die erste Professur für Naturheilkunde und Komplementärmedizin in Bayern. Seit 2020 gehört das KoKoNat der Fakultät Angewandte Gesundheitswissenschaften der Technischen Hochschule Deggendorf (THD) an. Ziel des Zentrums ist der Ausbau eines Kompetenznetzwerks mit klinischen Forschungs- und Versorgungskapazitäten mit den Schwerpunkten Kneipp und Traditionelle Chinesische Medizin. Dabei stehen insbesondere die Bereiche der Lebensstilmedizin und die Behandlung chronischer Erkrankungen im Mittelpunkt.
Für mehr Informationen lesen Sie die Pressemitteilung „Holetschek fordert ein stärkeres Miteinander konventioneller Medizin und evidenzbasierter Naturheilverfahren – Bayerns Gesundheitsminister regt Einrichtung von Lehrstühlen Integrative Gesundheit und Naturheilkunde an“ vom 8. Oktober 2021:
Förderprojekt zur Behandlung von Harnwegsinfekten
Bei der Studie zur individualisierten homöopathischen Behandlung zum Absenken des Antibiotikabedarfs bei Patientinnen mit wiederkehrenden Harnwegsinfekten handelt es sich um ein randomisiertes, placebokontrolliertes, multizentrisches, doppelblindes Forschungsvorhaben (iHOM-Studie). Häufig auftretende Harnwegsinfekte (mehr als zwei Infekte innerhalb von sechs beziehungsweise mehr als drei Infekte innerhalb von zwölf Monaten) kommen bei bis zu drei Prozent aller Frauen im Laufe ihres Lebens vor und stellen ein hohes Risiko für einen vermehrten Antibiotikaverbrauch in dieser Bevölkerungsgruppe dar.
In den aktuellen Leitlinien sind deswegen unter engmaschiger Kontrolle auch Therapieansätze ohne Antibiotikagabe vorgesehen. Ein Ansatz, der in dieser kontrollierten und randomisierten klinischen Prüfung untersucht werden soll, ist die Gabe eines individuell für die Patientin ausgesuchten homöopathischen Arzneimittels zur Prophylaxe. Die Anzahl der Harnwegsinfekte und der Antibiotikabedarf werden erfasst und nach Ende des Beobachtungszeitraums ausgewertet.
Ziel der Studie ist es herauszufinden, ob die Patientinnen unter Einsatz von Homöopathika im Vergleich zur Placebo-Gruppe seltener Antibiotika zur Therapie von Harnwegsinfekten benötigen. Dies könnte zu einer Reduktion des Antibiotikagebrauchs bei wiederkehrenden Harnwegsinfekten beitragen.
Projektbeteiligte: Technische Universität München, Klinikum rechts der Isar
Projektförderung: 701.635,73 Euro
Projektlaufzeit: 1. Januar 2021 bis 30. September 2025
Kontakt (Projektleitung): SZN.nephrologie@mri.tum.de
Förderprojekt „Integrative Medizin in Bayern (IMBAY 2020)
Die Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland wünscht sich, im Sinne einer ganzheitlich ausgerichteten vorbeugend-medizinischen Versorgung, neben herkömmlichen medizinischen auch mit naturheilkundlichen Methoden behandelt und bei der Förderung eines gesunden Lebensstils unterstützt zu werden. Da dem verbreiteten Wunsch nach Integrativer Medizin jedoch bislang nur wenige Forschungsförderungen gegenüberstehen, beabsichtigt das Projekt „Integrative Medizin in Bayern“
(IMBAY-2020) auf diesem Gebiet neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen.
Teilprojekte und Zielsetzungen
Es soll beurteilt werden, ob eine randomisiert kontrollierte Studie zur Wirksamkeit von Lebensstilinterventionen bei Patientinnen und Patienten mit der chronischen Darmerkrankung Morbus Crohn umsetzbar ist. Zudem soll die Wirksamkeit von ganzheitlichen Lebensstileingriffen und anderen integrativ-medizinischen Verfahren bei Patientinnen und Patienten mit Reizdarmsymptom im Rahmen einer systematischen Begutachtung durch unabhängige Wissenschaftler geprüft werden. Darüber hinaus sollen die fachgebietsspezifischen Häufigkeiten unterschiedlicher Anwendungen naturheilkundlich-medizinischer Verfahren und ganzheitlicher Lebensstileingriffe mittels einer Umfrage in bayerischen Kliniken untersucht werden.
Projektbeteiligte: Klinik für Integrative Medizin und Naturheilkunde des Klinikums Bamberg, Komplementäre Onkologie Integrativ, Comprehensive Cancer des Universitätsklinikums Würzburg, Institut für Allgemeinmedizin des Universitätsklinikums Würzburg
Projektförderung: 360.000 Euro
Projektlaufzeit: Januar 2020 bis März 2021
Forschungsprojekt „Green Care: Natur und psychische Gesundheit
Im Forschungsprojekt „Green Care: Natur und psychische Gesundheit“ wird wissenschaftlich untersucht, inwiefern sich achtsamkeitsbasierte, naturgestützte Interventionen eignen, um die psychische Gesundheit von Menschen zu fördern. Das hierzu entwickelte „Naturgestützte Achtsamkeitstraining“ soll zur Heilung von Krankheiten beziehungsweise zur Vorsorge und Wiedereingliederung einer beziehungsweise eines Kranken beitragen. Die Zielgruppe des Projektes sind Menschen mit psychischen oder psychosomatischen Gefährdungen oder Krankheitsbildern wie zum Beispiel Erschöpfung (Burn-out), Depressionen oder Demenz. Das Projekt wird mit 810.000 € zu gleichen Teilen von den Staatsministerien für Gesundheit, Pflege und Prävention und Umwelt und Verbraucherschutz finanziert.
Förderprojekt „Forschungszyklus: Integrative Medizin und Naturheilkunde in der Behandlung des Post-COVID-Syndroms: Ein Multimodaler Therapieansatz“
Der Schwerpunkt des Förderprojekts liegt auf der Verbesserung und Erforschung der gesundheitlichen Situation von Post-COVID-Patientinnen und Patienten anhand eines integrativ-naturheilkundlichen Versorgungskonzeptes. Verfolgt wird ein multimodaler Therapieansatz, der sowohl das stationäre als auch das teilstationäre Setting abdeckt und in disziplinübergreifender Zusammenarbeit mit verschiedenen Fachabteilungen durchgeführt wird. Die Zielsetzung des Gesamtprojekts ist eine Reduzierung der chronischen Fatigue, Rückgewinnung von Lebensqualität und Wiederaufnahme der Erwerbsfähigkeit mit Hilfe naturmedizinisch-integrativer Verfahren.
Teilprojekte und Zielsetzungen: Der erste Teil hat die Evaluation einer multimodalen stationären integrativ-naturheilkundlichen Therapie von Patientinnen und Patienten mit Post-COVID-Syndrom zum Ziel und ist als prospektive Longitudinal-Studie angelegt. Es erfolgen Therapiemaßnahmen aus der klassischen und erweiterten Naturheilkunde.
Den zweiten Teil stellt ein 11-wöchiges tagesklinisches Konzept dar. Das Tagesklinikprogrammlegt legt den Schwerpunkt auf die Mind-Body-Medizin und mild wassergefilterte Infrarot-A Ganzkörperhyperthermie. Das Teilprojekt ist als prospektiv randomisiert kontrollierte Studie angelegt.
Das Projekt findet in einem interdisziplinären Netzwerk statt.
Projektbeteiligte: Sozialstiftung Bamberg, Klinik für Integrative Medizin und Naturheilkunde, Klinikum Bamberg (Betriebsstätte am Bruderwald). Verantwortlicher Ansprechpartner und Projektleiter ist Prof. Dr. Jost Langhorst, Chefarzt der Klinik für Integrative Medizin.
Projektpartner: Für fachärztliche Konsile erfolgt eine enge Verzahnung mit den Internistischen Klinken für Kardiologie, Intensivmedizin, Pneumologie, Neurologie sowie Psychiatrie und Psychosomatik am Klinikum Bamberg.
Förderung: Das Projekt wird im Rahmen der bayerischen Förderinitiative Post-COVID-Syndrom mit bis zu 86.642,61 € gefördert.
Laufzeit: Der Projektzeitraum erstreckt sich vom 01.12.2021 – 31.12.2022.