Post-COVID-Syndrom
Egal ob sie einen schweren oder leichten Krankheitsverlauf durchlaufen haben: An COVID-19 Erkrankte können auch noch lange Zeit nach ihrer Akutbehandlung an körperlichen oder psychischen Beeinträchtigungen leiden. Betroffen sind Menschen aller Altersgruppen – Kinder und Jugendliche, Erwachsene und ältere Menschen. Aktuelle Studien schätzen, dass circa zehn Prozent der Corona-Patientinnen und -Patienten vom Post-COVID-/Long-COVID-Syndrom betroffen sind.
Begriffsklärung
Laut Robert Koch-Institut definiert die Leitlinienempfehlung des britischen National Institute for Health and Care Excellence (NICE) „Long-COVID“ als gesundheitliche Beschwerden, die jenseits der akuten Krankheitsphase einer SARS-CoV-2-Infektion von 4 Wochen fortbestehen oder auch neu auftreten. Als „Post-COVID-Syndrom“ werden Beschwerden bezeichnet, die noch mehr als 12 Wochen nach Beginn der SARS-CoV-2-Infektion vorhanden sind und nicht anderweitig erklärt werden können. Somit umfasst „Long-COVID“ sowohl im Anschluss an eine akute COVID-19-Erkrankung vier bis zwölf Wochen nach Symptombeginn noch bestehende Symptome als auch das „Post-COVID-19-Syndrom“. Auch die deutsche S1-Leitlinie zu Post-COVID/Long-COVID der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) nimmt eine zeitliche Abgrenzung in Anlehnung an NICE vor, benennt jedoch als weitere mögliche Manifestation von Post-COVID/Long-COVID auch die Verschlechterung vorbestehender Grunderkrankungen.
Um über dieses noch neue Krankheitsbild aufzuklären verwenden wir auf dieser Seite den im deutschen Sprachraum verbreiteten Ausdruck „Post-COVID“ beziehungsweise „Post-COVID-Syndrom“ oder auch die Abkürzung „PCS“, was sowohl Long– als auch Post-COVID meint.

Woran können Sie erkennen, dass ein Post-COVID-Syndrom vorliegt?
Das Krankheitsbild des Post-COVID-Syndroms ist vielfältig.
Die unter diesen Begriff bezeichneten Symptome können Beschwerden der Lunge, des Kreislaufsystems, der Muskulatur, Erschöpfungszustände wie das Fatigue-Syndrom, Konzentrationsschwäche und Kopfschmerzen bis hin zu Angstzuständen und Depression sein.
So unterschiedlich diese Symptome sind, so unterschiedlich fallen auch die Erfordernisse einer passenden Behandlung aus. Eine große Bandbreite von Fachrichtungen, wie der Lungenheilkunde, Kardiologie, Neurologie und anderen, befasst sich aus diesem Grund mit der Versorgung von Betroffenen mit Post-COVID-Syndrom, um an einer Verbesserung des Zustands der Patientinnen und Patienten mitzuwirken.
Dr. Dr. Elham Khatamzas über Post-COVID
An wen können Sie sich zur Behandlung von Post-COVID wenden?
Das medizinische Versorgungssystem in Bayern bietet Post-COVID-Patientinnen und -Patienten eine zeitnahe und an den individuellen Krankheitsbildern orientierte Behandlung an. Hier greifen verschiedene Versorgungsstränge ineinander.
Diese sind auch die Anlaufstellen für Betroffene vom sogenannten „Post-Vac-Syndrom“. Weitere Informationen dazu, welche Schritte Sie bei gesundheitlichen Beschwerden nach einer COVID-19-Impfung gehen können, finden Sie auf unserer Informationsseite zum Thema Coronavirus SARS-CoV-2.
Haus- und Fachärzte
Der erste Ansprechpartner bei Symptomen eines Post-COVID-Syndroms ist in der Regel der Hausarzt. Er behandelt dabei nicht nur die Hauptbeschwerden, sondern leitet als „Lotse“ den Patienten beziehungsweise die Patientin zu einem den Beschwerden entsprechend passenden Facharzt oder veranlasst eine ambulante oder stationäre Rehabilitationsbehandlung.
Post-COVID-Ambulanzen und andere Versorgungsangebote
In besonders komplexen Fällen, die zum Beispiel eine Behandlung durch verschiedene Fachdisziplinen erfordern, bieten Post-COVID-Ambulanzen zusätzliche Hilfen für Betroffene an.
Diese Ambulanzen wurden an den Universitätskliniken in Bayern aber auch an verschiedenen anderen Krankenhäusern und Instituten eingerichtet. Versorgt werden Kinder, Jugendliche und Erwachsene.
Kinder- und Jugendambulanzen
Erwachsenenambulanzen
Teilstationäre Behandlung / Tagesklinik
Entsprechend der Anforderungen der einzelnen Patientin oder des einzelnen Patienten kann eine teilstationäre Behandlung angezeigt sein. Bei diesen Angeboten handelt es sich um Aufenthalte zur Diagnostik und Behandlung tagsüber, ohne Übernachtung in der Klinik.
Rehabilitation
In manchen Fällen kann sowohl nach einer stationären als auch ambulanten Akutbehandlung von COVID-19 eine Anschlussbehandlung im Rahmen einer Rehabilitationsmaßnahme erforderlich sein.
Je nach Art der Beschwerden stehen Patientinnen und Patienten verschiedene Einrichtungen für solche Nachbehandlungen zur Verfügung. Auch speziell auf Post-COVID-Patientinnen und -Patienten spezialisierte Heilbehandlungen bieten einige Kur- und Reha-Einrichtungen mittlerweile an.
Wissenswertes in Kürze
Erfahrungen in der Rehabilitation haben gezeigt, dass bei Post-COVID-Patientinnen und Patienten, die unter einer Post-Exertionellen Malaise (PEM) leiden, besondere, auf die individuelle Leistungsgrenze ausgelegte Reha-Konzepte notwendig sind. PEM bedeutet die Verschlechterung der Symptomatik nach geringfügiger Anstrengung. Ein zentraler Baustein ist in diesen Fällen das Erlernen und Umsetzen des sog. „Pacing“, also einer Strategie, um mit der Belastungsintoleranz umzugehen und schonend mit den eigenen Kräften hauszuhalten. Ziel ist es dabei, eine Verschlimmerung von Beschwerden (sogenannte „Crashs“), welche selbst nach leichter körperlicher oder geistiger Anstrengung auftreten können, zu vermeiden.
Weitere Informationen zum Thema „Post-COVID“
Selbsthilfegruppen
Vielen Menschen mit einer Erkrankung wie Post-COVID hilft es sich in der Gemeinschaft mit anderen Betroffenen auszutauschen und sich gegenseitig beizustehen. Informationen und Erfahrungen miteinander auszutauschen, Hilfsangebote zu organisieren und Bedürfnisse gegenüber der Öffentlichkeit auszudrücken sind Teil der Selbsthilfe-Initiativen. Dabei haben sich auch in Bayern bereits einige Selbsthilfegruppen gebildet um Betroffenen Unterstützung und ein offenen Ohr anzubieten.
Eine Übersicht über bisher ins Leben gerufene Post-COVID-Selbsthilfegruppen finden Sie bei der Nationalen Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen (NAKOS).
Long COVID-Vernetzungsstelle
Die Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe (BAG Selbsthilfe) als bundesweite Interessenvertretung chronisch kranker und behinderter Menschen, hat eine Long COVID-Vernetzungsstelle ins Leben gerufen. Die Einrichtung bietet Informationsangebote zum Thema Post-COVID und fördert eine Vernetzung von Selbsthilfegruppen mit Expertinnen und Experten aus Medizin und Rehabilitation.
Feststellung des Pflegegrads
Bei besonders schweren Erkrankungsfällen von Post-COVID und damit verbundenen körperlichen, kognitiven oder psychischen Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingten Belastungen besteht die Möglichkeit, auf Antrag prüfen zu lassen, ob Pflegebedürftigkeit im Sinne des Sozialgesetzbuches – Elftes Buch (SGB XI) vorliegt und somit ein Anspruch auf Leistungen der sozialen Pflegeversicherung besteht.
Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate vorliegen. Der Antrag, der auch schon vor Ablauf der sechs Monate gestellt werden kann, ist bei der jeweiligen Pflegekasse zu stellen.
Informationen des Bundesministeriums für Gesundheit
Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat zu den gesundheitlichen Langzeitfolgen nach einer Infektion mit COVID-19 das Informationsportal „BMG-Initiative Long-COVID“ erstellt. Es hält grundlegende Informationen und Service-Angebote für Betroffene, Angehörige, Arbeitnehmer sowie Arbeitgeber bereit.
Außerdem wurde ein Service-Telefon eingerichtet, welches wochentags unter der 030 3406066-04 kostenlos erreichbar ist. Hier kann man Montag bis Donnerstag von 8:00 bis 18:00 Uhr und am Freitag von 8 bis 12 Uhr Fragen rund um Beratungs- und Unterstützungsangebote zu Long-COVID stellen.
Zusätzlich findet man auf der BMG-Infoseite eine deutschlandweite Auswahl an Kliniken, die sich auf die Diagnostik und Behandlung von Long-COVID spezialisiert haben.
Für Fachleute
Bayerische Förderinitiativen Post-COVID-Syndrom
Seit mehr als drei Jahren bestimmt COVID-19 das Leben zahlreicher Menschen. Auch wenn die Pandemie ihren Schrecken verloren hat, ist COVID-19 für die von Long-/Post-COVID Betroffenen bzw. ihre Angehörigen nicht vorbei. Das Krankheitsbild hat massive Auswirkungen auf ihren Alltag, ihre Lebensqualität und ihr Berufsleben. Nicht zuletzt gehen mit der Erkrankung auch erhebliche volkswirtschaftliche Konsequenzen einher.
An die erste Förderrunde im Jahr 2021 knüpfte im März 2023 die zweite Förderrunde mit einem Volumen von weiteren fünf Millionen Euro an. Ziel bei der „Förderinitiative Post-COVID-Syndrom 2.0“ ist es, innovative und effiziente Wege zu etablieren, um Langzeitfolgen einer COVID-19-Erkrankung zu behandeln. Damit möchte der Freistaat innovative Versorgungsmodelle erproben und neue Impulse für die Regelversorgung setzen – gerade auch im ländlichen Raum.
Die Umsetzung der künftigen Projekte der zweiten Förderrunde läuft bis Ende 2025.
Weitere Informationen zur „Förderinitiative Post-COVID-Syndrom“ finden Sie auf der Seite des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL).
Zudem können Sie Kurzvorstellungen zu den Projekten der beiden Förderinitiativen in unserer YouTube-Playlist finden.
Diese Projekte werden im Rahmen der zweiten Förderinitiative gefördert:
Erste Förderinitiative startete im Herbst 2021
Bereits 2021 stellte die Staatsregierung fünf Millionen Euro für die erste Förderinitiative zur Versorgungsforschung zum Post-COVID-Syndrom bereit. Alle sieben geförderten Projekte konnten bis zum 31.12.2023 erfolgreich beendet werden. Abschlussberichte und finale Ergebnisse der Projekte finden Sie auf der Seite des LGL: