„Eure Sorge fesselt mich“ – Freiheitsentziehende Maßnahmen
„Eure Sorge fesselt mich“ ist eine Kampagne des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit, Pflege und Prävention. Sie sensibilisiert pflegende Angehörige und Personal in Pflegeeinrichtungen und stellt bewährte Alternativen zu freiheitsentziehenden Maßnahmen vor.
Wird ein pflegebedürftiger Mensch gegen seinen Willen in seiner Bewegung eingeschränkt, sprechen wir von „freiheitsentziehenden Maßnahmen.“ Sie reichen vom Feststellen der Rollstuhlbremsen bis zum Extrem: Bis zu zehn Prozent der Bewohner in deutschen Pflegeheimen werden täglich „körpernah fixiert.“ Das geschieht kaum in böser Absicht, sondern um Stürze zu vermeiden oder aus schierer Überforderung.
Jede freiheitsentziehende Maßnahme muss in ihrer Art und in ihrem zeitlichen Umfang dokumentiert werden. In die Dokumentation können Angehörige und Betreuer Einsicht nehmen.
Eure Sorge fesselt mich
Die DVD „Eure Sorge fesselt mich!“ bietet Ihnen als Pflegekraft oder Angehörigen wichtige Tipps und Anregungen für Alternativen zu freiheitsentziehenden Maßnahmen. Die DVD können Sie im Webshop der Bayerischen Staatsregierung kostenlos bestellen.
Was ist ohne Einwilligung/Genehmigung verboten?
Was ist ohne Einwilligung/Genehmigung verboten?
Strafrechtliche Aspekte
Fixierungen können den Tatbestand der Freiheitsberaubung (§239 StGB) erfüllen, wenn das Einverständnis der Betroffenen (bei Einwilligungsfähigkeit) oder die Zustimmung des Betreuers beziehungsweise eine Genehmigung des Betreuungsgerichts (bei nicht einwilligungsfähigen Betroffenen) fehlt und kein rechtfertigender Notstand vorliegt. Bei fehlerhaften, aber auch bei unterlassenen Fixierungen können Körperverletzungs- und Tötungsdelikte erfüllt sein.
Detaillierte Hinweise können dabei nicht für alle denkbaren Sachverhalte gegeben werden. Die Strafbarkeit kann nur anhand der Umstände des Einzelfalls beurteilt werden.
Arbeitsrechtliche Aspekte
Eine fehlerhafte oder unterlassene Fixierung kann auch zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen führen, wenn die Pflegekraft ihre arbeitsvertraglichen Pflichten schuldhaft (das heißt vorsätzlich oder fahrlässig) verletzt hat. Die Beweislast trägt der Arbeitgeber, maßgeblich sind die Umstände des jeweiligen Einzelfalls. Ein Pflichtenverstoß wäre insbesondere im Falle der Zuwiderhandlung gegen eine Anweisung der Heimleitung, zum Beispiel den Patienten zu fixieren, zu bejahen. Vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung durch den Arbeitgeber ist aufgrund des Verhältnismäßigkeitsprinzips in der Regel der Ausspruch einer Abmahnung (Kündigungsandrohung) erforderlich. Im Wiederholungsfall kommt nach erfolgter Abmahnung auch eine Kündigung der Pflegekraft aus verhaltensbedingten Gründen in Betracht.
Alternativen finden! – Zuhause und in stationären Pflegeeinrichtungen
Ist der/die Pflegebedürftige sturzgefährdet, können auch bauliche oder technische Maßnahmen, wie helle Beleuchtung oder die Beseitigung von „Sturzfallen“ Abhilfe schaffen. Weitere Alternativen lassen sich bei einer fachgerechten Beratung herausarbeiten.
Es gibt viele Möglichkeiten, Sie als Angehörigen zu entlasten – auch ohne freiheitsentziehende Maßnahmen. In Pflegeeinrichtungen helfen den Bewohnern feste Strukturen im Tagesablauf, um sich zu orientieren und Sicherheit zu vermitteln. Biografiearbeit kann wichtige Hinweise für die Ursachen von Auffälligkeiten (zum Beispiel Unruhe) bringen. Hier können Nachtcafés oder eine persönliche Betreuung die Unruhe beseitigen.
Die Ausgangsfrage in der modernen Pflege lautet nicht mehr: Wie hindere ich einen pflegebedürftigen Menschen daran, sich zu bewegen (weil er stürzen und sich verletzen könnte)? Sondern:
- Wie stärke ich den Menschen, damit er nicht hinfällt oder sich im Falle eines Sturzes nicht schwer verletzt?
- Wie gestalte ich seine Umgebung möglichst sicher?
- Wie kann ich ihm helfen, seinen Bewegungsdrang mit positivem Effekt auszuleben?
Richtlinien und Hilfen bieten Verfahren, wie zum Beispiel der „Werdenfelser Weg“ oder das Projekt „reduFix“.
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Pflege-SOS-Hotline
Die Anlaufstelle Pflege-SOS Bayern hilft vor allem bei Beschwerden zur pflegerischen Versorgung in stationären Einrichtungen. Die Telefonnummer lautet: 09621 966966-0.