Umsetzung der Krankenhausreform in Bayern
Veränderte Rahmenbedingungen machen – verstärkt durch die Krankenhausreform des Bundes – Anpassungen in den Krankenhausstrukturen unumgänglich. Bayern unterstützt die Krankenhäuser bei den notwendigen Umstrukturierungen und der Umsetzung der Krankenhausreform.
7-Punkte-Plan des Freistaates Bayern
Staatsministerin Judith Gerlach hat am 24. Oktober 2024 mit ihrer Regierungserklärung zum Thema Krankenhausreform „Krankenhäuser in Bayern – den Wandel gemeinsam gestalten“ den im Ministerrat beschlossenen 7-Punkte-Plan zur Unterstützung bayerischer Krankenhäuser vorgestellt.
Um die Krankenhäuser frühzeitig für die bevorstehenden Umstrukturierungen zu sensibilisieren und eine tragfähige Basis für die Überlegungen zur künftigen Ausgestaltung der bayerischen Krankenhauslandschaft zu bekommen, hat das StMGP bereits im Sommer 2024 eine Abfrage („Selbsteinschätzung“) bei allen somatischen Häusern in Bayern zur standortscharfen Darstellung (1.) des aktuellen Leistungsangebots, (2.) des künftig voraussichtlich möglichen Leistungsangebots (Erfüllung der vom Bund geplanten Leistungsgruppen) sowie (3.) des künftig geplanten Leistungsangebots und der damit einhergehenden Notfallversorgung durchgeführt.
Der Freistaat sorgt damit für Transparenz über das in der Region künftig voraussichtlich zu erwartende Leistungsgeschehen. Dies erleichtert den Krankenhausträgern die Vorbereitung auf die anstehenden Veränderungen und ermöglicht die bedarfsgerechte Neuausrichtung der Versorgungsstrukturen.
Die Datengrundlagen liegen zwischenzeitlich aufbereitet vor und können bei Bedarf für in der jeweiligen Regionen angestellte Umstrukturierungsüberlegungen bei der Krankenhausplanungsbehörde angefordert werden (per E-Mail an krankenhausreform@stmgp.bayern.de). Zu beachten ist jedoch der unvermeidlich eingeschränkte Aussagegehalt der „Selbsteinschätzungen“ der Krankenhäuser, der daraus resultiert, dass der für die exakte Zuordnung der Leistungen zu den 65 Leistungsgruppen zwingend erforderliche „Grouper“ des Bundes erst im Januar 2025 zur Verfügung stehen soll.
Als weitere Hilfestellung für die Anpassung der Krankenhausstrukturen an die Erfordernisse der Zukunft hat das StMGP ein bayernweites Gutachten zur Prognose der künftig zu erwartenden Patientenzahlen in Auftrag gegeben. Ziel ist die Abbildung einer möglichst realistischen Einschätzung der künftig (das heißt in den Jahren 2030 und 2035) zu erwartenden stationären Behandlungsbedarfe der Bevölkerung in den verschiedenen medizinischen Fachrichtungen und künftigen Leistungsgruppen.
Damit erhalten die Krankenhausträger auf Grundlage einer bayernweit ermittelten Prognose eine detailgenaue Hilfestellung zu den in der regionalen Bevölkerung künftig zu erwartenden Behandlungsbedarfen und bekommen so eine landesweit einheitliche Basis für ihre weiteren regionalen Analysen und Anpassungsstrategien.
Zu diesem Zweck soll in dem externen Gutachten zunächst unter Bezugnahme auf die jeweilige Bevölkerungssituation der aktuelle Bedarf an stationären somatischen Krankenhausleistungen dargestellt werden (Ist-Darstellung aller im Jahr 2023 erfolgten somatischen Krankenhausbehandlungen im jeweiligen örtlichen Bereich). Damit diese Auswertung problemlos als Basis für spätere regionale Betrachtungen dienen kann, wird sie auf kleine Raumeinheiten (sogenannte „Wohnquartiere“, räumlicher Umgriff von rund 1.000 Einwohnern) bezogen. Ausgehend von dem so ermittelten Status quo soll eine bevölkerungsbezogene Prognose der entsprechenden Krankenhausleistungen für die Jahre 2030 und 2035 erfolgen, wobei sowohl die prognostizierte (regionalisierte) Bevölkerungsentwicklung und die damit verbundenen demografischen Versorgungseffekte als auch die zu erwartende Ambulantisierung der medizinischen Leistungen zu berücksichtigen sind.
Die beschriebenen Grundzüge des Gutachtens wurden vom StMGP mit der Bayerischen Krankenhausgesellschaft (BKG) und der Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassenverbände in Bayern (ARGE) konsentiert. Nach der erforderlichen Ausschreibung konnte der Gutachtensauftrag auch bereits vergeben werden.
Ergebnisse zu den Versorgungsnotwendigkeiten auf Basis des ausführlichen Gutachtens werden für Mai 2025 erwartet.
Die Krankenhausträger und sicherstellungsverpflichteten Kommunen erhalten für ihre Umstrukturierungsüberlegungen klare Hinweise zu den auch künftig erforderlichen medizinischen Leistungsangeboten. Hierfür gibt das StMGP Leitlinien für die vor allem auch im ländlichen Raum benötigten Angebote in besonders wichtigen medizinischen Bereichen an die Hand.
Maßgebliche Leistungsangebote sind
- die Geburtshilfe,
- die Kinder- und Jugendmedizin (Pädiatrie),
- die Basisnotfallversorgung (Allgemeine Innere Medizin und Allgemeine Chirurgie incl. intensivmedizinischer Versorgung) sowie
- die adäquate Versorgung lebensbedrohlicher Erkrankungen (sog. Tracer-Diagnosen wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Polytrauma) durch Krankenhäuser mit einer erweiterten oder umfassenden Notfallversorgung im Sinne der Notfallstufen des Gemeinsamen Bundesauschusses (G-BA).
Dabei werden auch Definitionskorridore für Erreichbarkeiten sowie Anhaltspunkte für das Betroffenheitsmaß der Bevölkerung, Ausnahmen zur Sicherstellung der benötigten Versorgung etc. angegeben.
Die Aufrechterhaltung einer gesicherten Notfallversorgung der Bevölkerung ist ein zentrales Anliegen, auf das auch bei erforderlich werdenden Strukturanpassungen der stationären Versorgung ein besonderes Augenmerk zu legen ist.
Im Sinne einer hochwertigen Patientenversorgung ist es unabdingbar, dass der Rettungsdienst in einer angemessenen Zeit eine Klinik mit einer bestimmten Notfallversorgungsstufe erreicht. Hierbei wird nach den Vorgaben des G-BA zwischen einer Basisnotfallversorgung, einer erweiterten und einer umfassenden Notfallversorgung unterschieden. Insbesondere im Falle von sog. Tracerdiagnosen ist für den Rettungsdienst die schnelle Erreichbarkeit einer Klinik mit einer mindestens erweiterten Notfallversorgung anzustreben.
Sofern die im Zuge des bereits laufenden Reformprozesses und in Umsetzung der angekündigten Krankenhausreform von einer Schließung oder einer Reduzierung ihres Angebots bedrohte Kliniken bislang maximal nur eine Basisnotfallversorgung anbieten, wurden diese Kliniken bei den zeitkritischen Tracerdiagnosen auch bisher in aller Regel nicht angefahren. Gleichwohl können sich Veränderungen von solchen Klinikstandorten beziehungsweise der dort angebotenen Leistungen auf die Transport- und somit Bindungszeiten von Rettungsmitteln auswirken, welche sich ggf. deutlich verlängern und damit die Verfügbarkeit von Rettungsmitteln für weitere Patientinnen und Patienten reduzieren. Die bekannten Projekte des Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration (StMI) wie die Erprobung des Rettungseinsatzfahrzeugs und die bereits vollzogene Vernetzung der Integrierten Leistellen mit den Vermittlungsstellen der KVB zur Entlastung des Rettungsdienstes bei minderschweren Erkrankungs- und Verletzungsmustern werden daher weiter an Bedeutung gewinnen.
„Leitplanken“ des StMGP zu notwendigen Leistungsangeboten („Matrix“)
Zur Erarbeitung passgenauer, medizinisch sinnvoller und wirtschaftlich tragfähiger Strukturänderungen unter Beachtung der bayernweiten Bedarfsprognose (siehe Ziffer 2), der „Matrix“ (siehe Ziffer 3) und der Vorgaben des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG) zu den künftigen Leistungsgruppen hat das StMGP ein spezielles Förderprogramm für kleinere Krankenhäuser aufgelegt (Förderrichtlinie zur Unterstützung kleinerer Krankenhäuser und zum Erhalt von Gesundheitsversorgungsstrukturen im ländlichen Raum – KleinK-FöR). Mit diesem Sonderförderprogramm sollen insbesondere kleinere Krankenhäuser im ländlichen Raum dabei unterstützt werden, angesichts der sich verändernden Rahmenbedingungen notwendige Anpassungsprozesse zu definieren und umzusetzen. Wesentlich ist hierbei, dass die Gutachten regelmäßig eine Betrachtung des gesamten Versorgungsgebiets beinhalten sollen.
Die aktuellen Entwicklungen haben gezeigt, dass die bundespolitischen Vorgaben nicht nur einen Anpassungsprozess für kleinere Kliniken in ländlichen Regionen erfordern. Auch größere Kliniken im ländlichen Raum sowie teilweise auch Kliniken in Verdichtungsräumen müssen – etwa durch die Bereitstellung von (teils zusätzlichen) akutstationären Kapazitäten für die Versorgung des ländlichen Raumes – erhebliche Beiträge zur Sicherstellung des Versorgungsangebots leisten. Daher soll die Förderung von Strukturgutachten und Umsetzungskonzepten auch auf solche Kliniken ausgeweitet werden, die eine herausgehobene Rolle bei der Versorgung des ländlichen Raums übernehmen. In diesem Zusammenhang soll auch die Förderung von investiven baulichen Anpassungsmaßnahmen zur Stärkung der akutstationären Versorgung an diesen Häusern ermöglicht werden. Das vorgesehene Fördervolumen in Höhe von insgesamt 100,0 Mio. Euro in den Jahren 2024 bis 2028 wird dadurch nicht berührt.
Auch für den erweiterten Förderumgriff gilt, dass geförderte Strukturgutachten in aller Regel Ergebnisse zu Fragen der Bedarfsnotwendigkeiten bei Verlagerung, Neuerrichtung und Wegfall medizinischer Angebote unter Einbeziehung auch telemedizinischer Aspekte beinhalten und Analysen insbesondere zur Sicherstellung der stationären Notfallversorgung (insbesondere im Bereich der sogenannte Tracer-Diagnosen) und der Erreichbarkeit der Geburtshilfe enthalten müssen. Soweit maßgeblich, bringen sich dabei auch die Universitätsklinika in ihrer Funktion als Maximalversorger ein.
Die dargestellte Änderung der Förderrichtlinie soll im ersten Quartal 2025 in Kraft treten.
Sofern die vor Ort verantwortlichen Krankenhausträger nicht bereits Überlegungen zur Anpassung ihrer Klinikstrukturen anstellen, geht das StMGP bei aus seiner Sicht bestehendem Handlungsbedarf auf die Klinikträger der jeweiligen Region zu und fordert sie zur träger- und regionenübergreifenden Befassung mit den Krankenhausstrukturen auf. Sofern für die Versorgungsregion relevant, wirken hierbei auch die Universitätsklinika in ihrer Funktion als Maximalversorger im erforderlichen Umfang mit.
Zudem bietet das StMGP an, den Dialogprozess durch einen externen Moderator organisieren und fachkundig begleiten zu lassen. Die Förderfähigkeit dieser Kommunikationsmaßnahmen wird bei der Änderung der KleinK-FöR (s. Punkt 4) berücksichtigt und soll bis zum Frühjahr 2025 für die Träger zur Verfügung stehen.
Die bevorstehenden Anpassungen der Krankenhausstrukturen werden voraussichtlich insbesondere kleinere Krankenhäuser betreffen, die bisher zur Gewährleistung der Krankenhausversorgung in der Fläche beitragen.
Entscheidungen über Umstrukturierungen müssen letztlich vom jeweiligen Krankenhausträger getroffen werden. Durch die Einbringung der fachlichen Expertise des StMGP, die Bereitstellung der notwendigen Datengrundlagen und die Finanzierung von Gutachten zur konzeptionellen Neuausrichtung der Versorgungsstrukturen sowie deren Diskussion im Rahmen von regionalen Konferenzen wird die Übereinstimmung der Entscheidungen des Krankenhausträgers mit den krankenhausplanerischen Beurteilungen des StMGP beziehungsweise der gesetzlich dafür zuständigen Gremien wie etwa dem Bayerischen Krankenhausplanungsausschuss gewährleistet.
Aber auch über diese fachlich-inhaltliche Komponente hinaus lässt der Freistaat die Krankenhausträger bei Entscheidungen nicht allein, sondern bietet den Kommunen in besonders gelagerten Fällen auch politische Rückendeckung an: Auf Vorschlag der jeweiligen sicherstellungsverpflichteten Kommune oder auf Vorschlag des StMGP wird daher die Staatsregierung die Ergebnisse von solchen Umstrukturierungsüberlegungen, die mit erheblichen Veränderungen der gegenwärtig bestehenden Versorgungsangebote einhergehen, insbesondere bei gebietsübergreifenden oder in anderer Hinsicht systemrelevanten Neuordnungen, im Kabinett bestätigen und damit die vor-Ort-Verantwortlichen in ihrer getroffenen Entscheidung politisch unterstützen.
Die bestehenden Verantwortlichkeiten und fachlichen Beratungen in den bestehenden, gesetzlich vorgesehenen Verfahren (insbesondere die Beteiligung des Krankenhausplanungsausschusses) usw. bleiben davon unberührt. Insbesondere bedeutet die Befassung des Kabinetts keinerlei Einflussnahme auf die am Ende des Diskussionsprozesses vor Ort getroffene Entscheidung des Krankenhausträgers oder gar eine Verlagerung der Entscheidungskompetenz auf das Kabinett.
Aktuell kommt es aufgrund der schwierigen Rahmenbedingungen für Krankenhäuser vermehrt zu (Teil-)Schließungen. Dieser Trend wird sich infolge der Rechtsänderungen durch das KHVVG voraussichtlich weiter verstärken. Mit der (Teil-)Schließung eines Krankenhauses endet die zweckentsprechende Verwendung der Krankenhausfördermittel. Von förderrechtlicher Seite ist daher in jedem Einzelfall zu prüfen, ob und ggf. in welcher Höhe eine Rückforderung von noch gebundenen Fördermitteln zu erfolgen hat.
Das Bayerische Krankenhausgesetz (BayKrG) enthält dabei bereits sachgerechte Regelungen, die die (Teil-)Schließung von Krankenhäusern erleichtern. Voraussetzung für deren Anwendung ist, dass eine Schließung in Abstimmung mit der Krankenhausplanungsbehörde (StMGP) erfolgt. Nur so kann sichergestellt werden, dass es nicht zu Versorgungslücken im akutstationären Bereich kommt. Zu den bestehenden Erleichterungen zählt unter anderem die Möglichkeit des Widerrufsverzichts bei Nachnutzungen, die eine im sozialstaatlichen Interesse liegende Zweckbestimmung erfüllen, soweit dadurch keine Refinanzierung geförderter Anlagegüter gegeben ist. Solche Nachnutzungen können beispielsweise bedarfsgerechte Alten- und Kurzzeitpflegeeinrichtungen oder Einrichtungen der geriatrischen Rehabilitation sein. Aber auch soweit ein vollständiger Rückforderungsverzicht im Einzelfall nicht möglich ist, wird die Erstattungspflicht regelmäßig auf die erzielbaren Verwertungserlöse ermäßigt, die anteilig auf geförderte Anlagegüter entfallen. Bezüglich der bestehenden Erleichterungen wird auf das kürzlich veröffentlichte Informationsschreiben für Krankenhausträger verwiesen.
Mit Blick auf die zu erwartenden Umbrüche in der Krankenhauslandschaft sollen die Möglichkeiten zum Absehen einer Rückforderung zugunsten der Krankenhausträger im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten deutlich erweitert werden.
Die Möglichkeiten zum Rückforderungsverzicht sollen künftig auf Nachnutzungen für andere förderfähige kommunale Zwecke oder zur Erfüllung anderer kommunaler Aufgaben ausgeweitet werden. Zudem sollen vom Krankenhausträger eingesetzte Eigenmittel für im Zusammenhang mit der Schließung an einem anderen Krankenhausstandort durchgeführte und grundsätzlich förderfähige Krankenhausinvestitionen angerechnet werden können. Außerdem sollen Veräußerungserlöse für umsetzbare Anlagegüter bei teilweisen Schließungen den Pauschalmitteln zugeführt werden und damit den Trägern verbleiben können.
Ein entsprechender Gesetzentwurf sieht neben vielfältigen Rückforderungsverzichtsmöglichkeiten auch weitere Vereinfachungen des Förderrechts vor. Diese mit den kommunalen Spitzenverbänden und der Bayerischen Krankenhausgesellschaft (BKG) abgestimmten Änderungen wurden am 18. Dezember 2024 vom Bayerischen Ministerrat beschlossen und sollen nach Abschluss des parlamentarischen Verfahrens umgehend umgesetzt werden. Von den Neuregelungen profitieren auch Krankenhäuser, die aufgrund der aktuellen schwierigen Lage bereits geschlossen haben, sofern ihnen im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes noch kein Widerrufsbescheid bekannt gegeben wurde. Zur Abwicklung der förderrechtlichen Rechtsbeziehungen wird eine frühzeitige Kontaktaufnahme des Krankenhausträgers mit der örtlich zuständigen Bezirksregierung empfohlen.
Zeitplan für die Umsetzung des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG)
Die Zeitachse stellt die einzelnen Verwaltungsschritte zur Umsetzung der Krankenhausreform bis zum Inkrafttreten der finanziellen Auswirkungen der Reform am 1. Januar 2027 kalendarisch dar.
