Um Leistungen der Pflegeversicherung beziehen zu können, müssen Sie in den letzten zehn Jahren vor der Antragstellung zwei Jahre in die Pflegekasse als Mitglied eingezahlt haben oder familienversichert gewesen sein.
Leistungen bei Pflegebedürftigkeit
Die gesetzliche Pflegeversicherung bietet ihren Versicherten bei Pflegebedürftigkeit vielfältige Hilfen an. Der seit 2017 geltende Pflegebedürftigkeitsbegriff gewährt mehr Pflegebedürftigen Leistungen als das zuvor bestehende System der Pflegestufen. In die Pflegegrade 1 bis 5 können nun insbesondere auch Menschen mit dementiellen Erkrankungen eingestuft werden.
Feststellung der Pflegebedürftigkeit
Entscheidend für die Feststellung von Pflegebedürftigkeit ist die Einschränkung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten in den pflegerelevanten Bereichen des täglichen Lebens. Bei der Berechnung des Pflegegrades werden in einem bundesweit einheitlichen Verfahren dabei folgende Bereiche berücksichtigt:
- Mobilität
- Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
- Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
- Selbstversorgung
- Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen
- Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte
Ebenfalls im Rahmen der Begutachtung erhoben werden die Bereiche
- Außerhäusliche Aktivitäten und
- Haushaltsführung.
Letztere gehen aber nicht in die Berechnung des Pflegegrades ein.
Pflegegrade
Nach einem Punktesystem ergeben sich aus den in der Begutachtung festgestellten Einschränkungen der Selbständigkeit fünf Pflegegrade:
- Pflegegrad 1:
Geringe Beeinträchtigung der Selbständigkeit - Pflegegrad 2:
Erhebliche Beeinträchtigung der Selbständigkeit - Pflegegrad 3:
Schwere Beeinträchtigung der Selbständigkeit - Pflegegrad 4:
Schwerste Beeinträchtigung der Selbständigkeit - Pflegegrad 5:
Schwerste Beeinträchtigung der Selbständigkeit und besondere Bedarfskonstellation
Die früheren Leistungen für Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz wurden in das reguläre Leistungsrecht überführt. Eine gesonderte Feststellung einer eingeschränkten Alltagskompetenz findet daher nun nicht mehr statt. Pflegebedürftige mit körperlichen Einschränkungen und Pflegebedürftige mit kognitiven oder psychischen Beeinträchtigungen sind damit nun gleichgestellt.
Pflegebedürftige, die bereits vor dem 1. Januar 2017 Leistungen aus der Pflegeversicherung bezogen haben, genießen Bestandsschutz.
Sachleistungen oder Pflegegeld?
Die Pflegebedürftigen haben grundsätzlich die Wahl, ob sie die Hilfe von professionellen ambulanten oder stationären Pflegeeinrichtungen in Anspruch nehmen (sogenannte Sachleistungen) oder Pflegegeld beziehen wollen. Eine Kombination dieser Leistungsarten ist ebenfalls möglich. Sobald Sachleistungen der Pflegeversicherung in Anspruch genommen werden, bestehen zahlreiche Mindeststandards für die Qualität der Leistungserbringung. Der finanzielle Umfang der Leistungen unterscheidet sich auch deshalb danach, ob Sie Geld-, oder ambulante oder stationäre Sachleistungen in Anspruch nehmen.
Die Pflegeversicherung ist eine Teilleistungsversicherung
Die soziale Pflegeversicherung deckt nicht alle durch die Pflegesituation entstehenden Kosten ab und wird deshalb auch als „Teilleistungsversicherung“ bezeichnet. Sie schießt nur – gestaffelt nach fünf Pflegegraden – feste Leistungsbeträge zu. Das bedeutet, nicht jeder Unterstützungsbedarf führt zu einem Pflegegrad bzw. wird bei der Feststellung eines Pflegegrades berücksichtigt und die Leistungen der Pflegeversicherung sind nicht kostendeckend. Es ist die Aufgabe der Pflegebedürftigen bzw. ihrer Familien, den weiteren tatsächlichen und finanziellen Aufwand zu erbringen. Kann ein/e Pflegebedürftige/r bzw. die Familie die weiteren erforderlichen finanziellen Mittel nicht erbringen, springt der Staat mit der sogenannten Hilfe zur Pflege ein.
Das müssen Sie tun, um Leistungen aus der Pflegeversicherung zu beantragen
Antrag bei der Pflegekasse
Um Leistungen der Pflegeversicherung in Anspruch nehmen zu können, ist ein Antrag bei Ihrer Pflegekasse erforderlich. Die Pflegekasse ist bei Ihrer Krankenkasse angesiedelt.
Pflegegrad feststellen
Nach der Antragstellung wird in der Regel der Medizinische Dienst (MD) mit einer Begutachtung beauftragt. In Bayern ist das der MD Bayern. Wie eine Begutachtung abläuft, ob und wie Sie sich darauf vorbereiten können oder was Sie tun können, wenn Sie mit einer Entscheidung des MD nicht einverstanden sind, darüber können Sie sich auf der Internetseite des MDK Bayern informieren.
Auf Grundlage der Begutachtung entscheidet die Pflegekasse, ob die Voraussetzungen der Pflegebedürftigkeit erfüllt sind und welcher Pflegegrad vorliegt. Der Gesetzgeber verpflichtet die Pflegekasse, die Entscheidung über den Antrag innerhalb von 25 Arbeitstagen nach Eingang schriftlich mitzuteilen. In einigen Fällen muss die Begutachtung durch den MD innerhalb einer Woche erfolgen, zum Beispiel:
- bei einem Krankenhausaufenthalt und
- wenn dies zur Sicherstellung der weiteren Versorgung erforderlich ist oder
- bei Aufenthalt in einem Hospiz oder
- während einer ambulant-palliativen Versorgung.
Pflegegrad entscheidend für Leistungen
In welcher Höhe Sie als Pflegebedürftige/r Leistungen aus der Versicherung bekommen, hängt vom festgestellten Pflegegrad ab.
Gesetzliche Regelungen
Im Elften Buch des Sozialgesetzbuches (SGB XI) finden Sie alle wichtigen Regelungen zur Pflegeversicherung. Nähere Informationen enthält der Online-Ratgeber Pflege des Bundesministeriums für Gesundheit.
Pflegezeit und Familienpflegezeit
Zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und familiärer Pflege haben Beschäftigte nach dem Pflegezeitgesetz und nach dem Familienpflegezeitgesetz unter bestimmten Voraussetzungen Ansprüche auf vollständige oder teilweise Freistellung von der Arbeit. Über die Möglichkeiten informiert Sie das Bayerische Sozialministerium auf seinen Internetseiten.