Bayerns Gesundheits- und Präventionsministerin Judith Gerlach hat die Bürgerinnen und Bürger erneut zur Schutzimpfung gegen die von Zecken übertragbare Hirnhautentzündung (Frühsommer-Meningoenzephalitis, FSME) aufgerufen. Gerlach betonte anlässlich eines Besuchs im Konsiliarlabor für FSME im Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr und einem Austausch mit Vertretern der Bayerischen Gesellschaft für Immun-, Tropenmedizin u. Impfwesen e.V. am Dienstag in München: „Nahezu der gesamte Freistaat ist mittlerweile vom Robert Koch-Institut (RKI) als FSME-Risikogebiet eingestuft. Doch leider sind die FSME-Impfquoten in Bayern noch zu niedrig! So besitzen nur gut ein Fünftel der Erwachsenen und circa 37 Prozent der bayerischen Einschulungskinder einen aktuellen FSME-Impfschutz. Dabei ist die FSME eine potenziell lebensbedrohliche Krankheit. Sie kann zu Entzündungen von Hirnhaut, Gehirn oder Rückenmark führen, insbesondere Ältere sind betroffen, aber auch Kinder können schwer erkranken.“
Das Konsiliarlabor für FSME im Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr bietet Diagnostik und fachliche Beratung insbesondere des Öffentlichen Gesundheitsdienstes sowie von Laboratorien, niedergelassenen Ärzten, Kliniken und Forschungsinstituten zu Fragen der Laboruntersuchungen, der Epidemiologie und der Prävention der FSME in Deutschland und Eurasien.
Dem Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) wurden seit Beginn des Jahres bayernweit insgesamt 150 FSME-Fälle (Stand 22.07.2024) gemeldet. Das sind 53 Fälle (55 Prozent) mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres (Vergleichsdatenstand 24.07.2023).
Nach Angaben des RKI (Stand 2023) sind 99 Prozent der übermittelten FSME-Erkrankten gar nicht oder nur unzureichend geimpft, d. h. die Grundimmunisierung war unvollständig oder Auffrischungsimpfungen fehlten. Da die Wirksamkeit der FSME-Impfung sehr hoch ist, könnte ein hoher Anteil der auftretenden FSME-Erkrankungen verhindert werden, wenn die Impfquoten insbesondere in Risikogebieten mit hoher FSME-Inzidenz gesteigert werden.
Die Ministerin unterstrich: „Auch bei der Urlaubsplanung sollte geprüft werden, ob ein Impfschutz gegen FSME angezeigt ist. Personen, die bereits grundimmunisiert sind, sollten unbedingt auch an empfohlene Auffrischungsimpfungen denken. Deshalb nutzen Sie die Gelegenheit und lassen Sie Ihren Impfstatus rechtzeitig überprüfen!“
Für einen kompletten Impfschutz sind drei Impfungen innerhalb eines Jahres erforderlich. Die erste Auffrischungsimpfung wird im Abstand von drei Jahren nach der Grundimmunisierung fällig. Weitere Auffrischungsimpfungen sollten abhängig von der Altersgruppe und dem verwendeten Impfstoff in Abständen von drei bis fünf Jahren verabreicht werden.
OF Arzt Prof. Dr. med. Gerhard Dobler, Leiter des Nationalen Konsiliarlabors für FSME am Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr in München-Neuherberg und Vorstandsmitglied der Bayerischen Gesellschaft für Immun-, Tropenmedizin und Impfwesen e. V. unterstrich: „Der Anstieg der FSME-Zahlen in Bayern geht parallel zum Anstieg in anderen benachbarten Ländern, wie z.B. auch in Österreich. Als Grund werden Veränderungen im Verhalten der Zeckenaktivität und die Einschleppung neuer FSME-Viren durch Zugvögel vermutet, die durch die beobachtete zunehmende Erwärmung mit bedingt sind. Insgesamt ist das Risiko, sich mit dem FSME-Virus zu infizieren in den letzten Jahren in Teilen Bayerns um ein Mehrfaches angestiegen.“
Gerlach ergänzte: „Zecken können neben dem FSME-Virus auch Bakterien übertragen, die Lyme-Borreliose verursachen können. Das ist die häufigste zeckenübertragene Krankheit in Deutschland. Gegen die Infektionskrankheit schützt derzeit leider keine Impfung. Bei ihr kann es auch Monate nach dem Stich noch unter anderem zu schmerzhaften Nerven- oder Gelenkentzündungen kommen, deshalb ist eine möglichst frühzeitige Diagnose wichtig.“
Auch bei der Lyme-Borreliose sind die Fallzahlen gestiegen. Bislang wurden dem LGL in diesem Jahr 2.244 Fälle gemeldet (Datenstand: 22.07.2024). Das sind 524 Fälle mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres (Vergleichsdatenstand 24.07.2023).
Borreliose kann gut mit Antibiotika therapiert werden. Je früher die Therapie beginnt, umso besser. Gut erkennbar ist die Lyme-Borreliose an der sogenannten Wanderröte, einer ringförmigen Rötung um die Zeckenstichstelle. Es ist wichtig, Zecken möglichst frühzeitig und mit einem dafür geeigneten Werkzeug zu entfernen und die Hautstelle in den Tagen und Wochen nach dem Stich auf das Auftreten der Wanderröte zu beobachten und, wenn eine Wanderröte oder andere auffällige Symptome auftreten, umgehend eine Ärztin oder einen Arzt aufzusuchen.
Gerlach fügte hinzu: „Mit dem Nationalen Referenzzentrum für Borrelien am LGL leistet Bayern einen wichtigen Beitrag, Borreliose weiter zu erforschen. Unser Ziel ist dabei auch, mehr über die Auswirkungen des Klimawandels auf Borreliose zu erfahren.“