Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach hat sich am Donnerstag in Barcelona zum Auftakt ihres Informationsbesuchs in Spanien über die Umsetzung der dortigen Widerspruchslösung bei der Organspende informiert. Gerlach sagte anlässlich eines Besuchs bei der katalanischen Transplantationsorganisation OCATT: „Spanien und insbesondere die Region Katalonien weisen beeindruckende Zahlen bei der Organspende auf. Ein Hauptgrund dafür ist die Widerspruchslösung – also die Regelung, dass jede und jeder grundsätzlich Organspender ist, wenn er nicht zu Lebzeiten ausdrücklich widerspricht. Ich werbe entschieden dafür, diese Regelung auch in Deutschland einzuführen.“
Die Ministerin erläuterte: „Die Widerspruchslösung bietet die Chance, dass mehr Menschen ein lebensrettendes Spenderorgan bekommen. Zugleich führt sie dazu, dass sich mehr Bürgerinnen und Bürger veranlasst sehen, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen und idealerweise eine Entscheidung zu treffen. Das wäre auch eine Entlastung für die Angehörigen. Denn wer zu Lebzeiten selbst für Klarheit sorgt, nimmt seinen Angehörigen die Last einer Entscheidung in schweren Stunden.“
In Spanien gilt die Widerspruchslösung seit 1979. Gerlach erklärte: „Jahr für Jahr werden in Spanien rund 5.000 Organe verpflanzt. Damit ist Spanien im Verhältnis zur Bevölkerung von rund 48 Millionen Menschen weltweit spitze. Seit 32 Jahren in Folge werden in dem Land weltweit die meisten Organe übertragen. Meine Gespräche bei der Transplantationsorganisation OCATT haben mir gezeigt, dass wir in diesem Bereich in Deutschland viel erreichen können, wenn wir den nächsten Schritt gehen und die Widerspruchslösung beschließen.“
Besonders hoch ist die Organspenderate in Katalonien mit 176 pro eine Million Einwohner. Zum Vergleich: Im spanischen Durchschnitt sind es 49 Spenden je eine Million Einwohner, in Deutschland 11 Spenden je eine Million Einwohner. 2023 wurden in Deutschland insgesamt 965 Organspenden registriert, davon 126 in Bayern.
Gerlach bekräftigte: „Aktuell warten allein in Bayern rund 1.200 Menschen auf ein lebenswichtiges Spenderorgan. Die Lücke ist also eklatant. Bayern hat deshalb im Bundesrat aus guten Gründen der Widerspruchslösung zugestimmt. Nun ist der Bundestag gefordert, eine entsprechende Entscheidung zu treffen. Denn es darf nicht bei dem großen Mangel an Organspenden bleiben.“
Gerlach hält sich vom 5. bis zum 7. Dezember zu Gesprächen in der katalanischen Hauptstadt Barcelona auf. Auf der Tagesordnung stand am Donnerstagnachmittag auch ein Treffen mit der katalanischen Gesundheitsministerin Olga Pané i Mena.