Digitales Suchtberatungsangebot „DigiSucht“
Bei DigiSucht handelt es sich um ein umfassendes niedrigschwelliges digitales Hilfsangebot für suchtgefährdete und suchtkranke Menschen und deren Angehörige. Unabhängig von der Art des Suchtproblems kann die Plattform zu Beratungszwecken genutzt werden. Auch hybride Beratungskonzepte aus digitaler und analoger Beratung vor Ort (sogenanntes Blended Counseling) sind möglich. Im geschützten und anonymen Bereich der Plattform besteht die Möglichkeit, sich allgemein zum Thema Sucht zu informieren und anonyme Selbsttests zum eigenen Konsumverhalten vorzunehmen.
Herzstück der Plattform sind die verschiedenen digitalen Kommunikationswege. Per E-Mail oder in Text- und Video-Chats können Betroffene sowie Angehörige mit professionellen Suchtberaterinnen und -beratern der Psychosozialen Suchtberatungsstellen (PSBen) in Kontakt treten. Neben der Übermittlung von Nachrichten können auch Termine für einen direkten Austausch per Text- oder Video-Chat gebucht werden.
Das Internet bietet in seiner Anonymität einen besonders niedrigschwelligen Zugang zu Hilfen. Zusammen mit dem Bundesministerium für Gesundheit besteht mit DigiSucht nun ein professionelles und in 14 Bundesländern verfügbares Online-Suchtberatungsangebot.
Naloxon-Modellprojekt für Opioidabhängige
Der Abschlussbericht des im Oktober 2018 gestarteten Modellprojekts „BayTHN – Take-Home-Naloxon“ konnte aufzeigen, dass das Nasenspray Naloxon im Notfall Leben retten kann: Bei richtiger Anwendung hat es schnell gewirkt und konnte die Wirkung von Opioiden vorübergehend ganz aufheben. Das Naloxon-Projekt ist deshalb ein wichtiger Baustein im Kampf gegen den Drogentod. In 176 Notfallschulungen haben insgesamt 537 Menschen den richtigen Umgang mit dem Nasenspray Naloxon gelernt. Im Laufe der Projektzeit sind insgesamt 92 Drogennotfälle dokumentiert worden, bei denen das lebensrettende Medikament Naloxon von Schulungsteilnehmern erfolgreich eingesetzt werden konnte. Vor dem Projekt wurde Naloxon nur von Ärztinnen und Ärzten verabreicht. Schätzungen zufolge sind aber bei einer Überdosierung in zwei von drei Fällen andere Menschen anwesend, die helfen könnten. Durch das Notfallkit und die Notfallschulungen waren die Teilnehmer für den Ernstfall gewappnet. Das Bayerische Gesundheitsministerium förderte das Projekt mit rund 300.000 Euro.
Das bayerische Naloxon-Projekt wurde federführend von der Universität Regensburg in Kooperation mit der Ludwig-Maximilians-Universität München und der Universität Bamberg umgesetzt. Beteiligt waren zudem verschiedene Einrichtungen der bayerischen Suchthilfe an den fünf Standorten Regensburg, München, Nürnberg, Ingolstadt und Augsburg.
Der Bund hat aufgrund des erfolgreichen bayerischen Projektes Mittel zugesagt, um bundesweit die Anwendung und den geschulten Umgang mit dem lebensrettenden Nasenspray Naloxon zu fördern. Ziel der Anstrengungen ist es, die jährliche Zahl der an Drogen verstorbenen Menschen zu reduzieren.
Über Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen
Sucht hat viele Formen, viele Ursachen und betrifft viele Menschen. Unter den Begriffen Sucht- beziehungsweise Abhängigkeitserkrankungen wird die Gesamtheit von riskanten, missbräuchlichen und abhängigen Verhaltensweisen in Bezug auf Suchtmittel (zum Beispiel Alkohol, Tabak, Medikamenten oder illegalen Drogen) sowie nichtstoffgebundene Verhaltensweisen (wie Glücksspiel und krankhafter Internetgebrauch) verstanden.
Sucht ist ein in allen Gesellschaften und zu allen Zeiten auftretendes Phänomen. Oft ist sie verbunden mit zerstörerischen Folgen für die Gesundheit des Einzelnen aber auch mit Folgen für die Gesellschaft. Neben dem persönlichen Leid für die Erkrankten entstehen hohe Kosten für die Gemeinschaft. So werden die volkswirtschaftlichen Kosten durch Alkoholkonsum in Deutschland auf rund 39 Milliarden Euro pro Jahr und für Tabakkonsum auf 97 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt.
Bayern setzt auf wirksame Vorbeugung, flächendeckende und bedarfsgerechte Beratungs- und Hilfemöglichkeiten für Betroffenen und deren Angehörige. Außerdem soll durch gezielte Projekte geklärt werden, wie Maßnahmen zielgruppenspezifisch weiterentwickelt werden können. Daneben ist eine konsequente Rechtsanwendung selbstverständlich.
Wie eine Sucht entsteht
Eine Sucht entwickelt sich über einen längeren Zeitraum. Ein anfangs schädlicher Gebrauch geht in einen Missbrauch über, den Betroffene nicht mehr kontrollieren können. Sie unterliegen einer Art Zwang, einem „Nicht-mehr-aufhören-Können“, bei dem immer größere Mengen des Suchtmittels nötig werden, um die erwünschte Wirkung zu erreichen. Trotz des Wissens um die Risiken kann der Konsum aus eigener Kraft oft nicht beendet werden. Die Folgen betreffen die gesamte Lebenswelt der Erkrankten.
Vorbeugung
Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention entwickelt und fördert Maßnahmen der Suchtprävention in Bayern. Dabei arbeitet es eng mit dem Zentrum für Prävention und Gesundheitsförderung (ZPG) im Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL), der Bayerischen Akademie für Sucht und Gesundheitsfragen (BAS) und anderen Einrichtungen zusammen.
Ein besonderes Augenmerk gilt dem Schutz von Kindern und Jugendlichen. Neben der Einhaltung der Jugendschutzbestimmungen, die landesweit immer wieder vor Ort überprüft werden, sind die Einschränkung der Verfügbarkeit legaler Suchtmittel und eine gezielte Aufklärung über die Risiken wichtig.
Ebenso wichtig ist es, dass junge Menschen zu starken, selbstbewussten Persönlichkeiten heranwachsen, die Suchtmitteln und ihren Versuchungen widerstehen können. Dazu tragen Sicherheit und Geborgenheit in der Familie bei, das „Sich-angenommen-Fühlen“ in Kindertageseinrichtungen und Schule und – mit zunehmendem Alter immer wichtiger – gute Freundinnen und Freunde. Unterstützung für die Persönlichkeitsentwicklung bieten Programme, die in Bayern entwickelt wurden und inzwischen weit über die Grenzen des Freistaats eingesetzt werden, wie etwa „FREUNDE“ und „Papilio“ für Kindergartenkinder und die „KLASSE2000“ für die Grundschule.
Dass sich die Anstrengungen für die Suchtprävention lohnen, zeigen aktuelle Entwicklungen: In den letzten Jahren sind der regelmäßige Alkoholkonsum bei jungen Menschen langsam, aber kontinuierlich zurückgegangen. Auch das Rauchen unter 12- bis 17-Jährigen ist so selten wie noch nie seit den 1970er Jahren. Diese positiven Entwicklungen ins Erwachsenenalter weiterzutragen und auszubauen, ist eine große Herausforderung.
Beratung und Hilfe
Wer an einer Abhängigkeitserkrankung leidet oder gefährdet ist, braucht umfassende Hilfe. Allein ist der Weg aus diesen Erkrankung oft nicht zu schaffen. In Bayern gibt es daher ein dichtes Netz von Einrichtungen, die Unterstützung bieten. Die wichtigsten Kontaktadressen hat die Koordinierungsstelle der Bayerischen Suchthilfe zusammengestellt.
Kernstück sind die rund 110 ambulanten Psychosozialen Suchtberatungsstellen. Sie arbeiten eng mit den angrenzenden Hilfesystemen der Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik sowie der Jugendhilfe zusammen.
Ziel ist es, jedem Betroffenen den Ausstieg aus seiner Erkrankung zu ermöglichen. Kann das nicht unmittelbar erreicht werden, gibt es gezielte Hilfen, um einen größtmöglichen Grad an eigenständiger Lebensführung sowie Integration und Teilhabe in die Gesellschaft zu erreichen.
Konsequente Strategie in Bayern
Bayern steht dafür, dass gesundheitliche Risiken eindeutig benannt und gezielte Hilfen angeboten werden. Gleichzeitig müssen rechtliche Vorgaben strikt eingehalten werden. Aber auch zum Beispiel neue psychoaktive Substanzen und pathologischer Internetgebrauch erfordern beständige Aufmerksamkeit.
Die Erfahrungen zeigen, dass neben den Angeboten der Vorbeugung und Hilfe eine konsequente Rechtsanwendung unverzichtbar ist, um die Verfügbarkeit illegaler Suchtmittel einzuschränken. Ziel der Maßnahmen von Polizei und Justiz ist es, den Zugang zu Drogen zu erschweren. Kriminelle Begleiterscheinungen illegalen Drogenkonsums werden daher gezielt verfolgt.